Mittwoch, 15. Oktober 2014

Bonanza 5581T, runway 21, cleared for takeoff!

Es ist schon erschreckend, wie schnell die Zeit hier verfliegt. Irgendwie kommt es einem so vor, als sei man erst gestern hier angekommen, dabei sind es schon wieder drei Wochen. Unglaublich! Unglaublich ist auch, wieviel in dieser kurzen Zeit hier schon passiert ist. Ich will mal versuchen, vor drei Wochen anzufangen und ein bisschen zu schildern, wie die Eingewöhnungsphase hier so abgelaufen ist:

Am Dienstag, den 23. September, gegen 19:00 stiegen wir in Phoenix Sky Harbor, nach zehn Stunden Flug von Frankfurt nach Houston, vier Stunden Aufenthalt und weiteren zweieinhalb Stunden weiter nach Phoenix aus dem Flugzeug und wurden lieb mit Schild "411. NFF" empfangen. Weiter ging es dann mit dem Bus, ca. 35 Minuten gen Westen nach Goodyear. 
In einem früheren Beitrag habe einmal etwas über Traditionen geschrieben; nun, die gibt es hier auch und anstatt nach der Ankunft geschafft ins Bett zu fallen, wurde für uns eine Willkommensparty organisiert, bei der wir selbstverständlich nicht fehlen durften. Standesgemäß mit frisch gegrillten Burgern und amerikanischem Bier.

Eine Flugausbildung ist ein sehr sicherheitskritisches Ding und das gerade in den USA. Wo das seinen Ursprung hat, wissen wir alle. Das hat zur Folge, dass obwohl der Zeitplan für unsere Ausbildung hier sehr straff ist, ein direkter Start des Trainings nicht möglich ist, sondern erst noch Unmengen an Papierkram für Behörden, Versicherungen und sonstige Datenjunkies erledigt werden musste. Erst, wenn man dann eine offizielle Genehmigung von der TSA - das sind genau die, die immer auf den Kofferschlössern draufstehen - hat, darf man an Flugzeuge ran, oder sich in ein Cockpit, oder sogar nur einen Simulator reinsetzen. Nach ca. einer Woche hatten wir alle diese Genehmigung und es konnte losgehen.

In der Zwischenzeit gab es aber noch genug andere Dinge zu erledigen. Schließlich sind wir hier ja nicht im Urlaub, sondern werden hier die nächsten Monate leben, sind also auch hier gemeldet. Was ist also das allerwichtigste, wenn man in den USA lebt? Genau, eine "Driver License". Wenn man sich mal über eine deutsche Behörde aufgeregt hat, dann wird man das nach einem Besuch des lokalen "DMV" (Department of Motor Vehicles - oder so) nicht mehr tun. Da die Driver License hier ein vollwertiges Ausweisdokument ist, ist diese Behörde so eine Art eierlegende Wollmilchsau: Zulassungsstelle, Meldebehörde usw. in Einem. Und so sieht man dort auch einen Querschnitte durch alle Klischees der Südstaatengesellschaft: Den Rocker mit dem Butterfly Messer am Gürtel, die 22-jährige Mutter mit 4 Ihrer Kinder und den 200 kg Mann, mit einer Gallone Dr. Pepper im Supersize Becher. 

Nachdem wir alle unsere Führerscheine bekommen hatten, stand als nächstes das Thema fahrbarer Untersatz auf der Agenda. Und das aus gutem Grund: Die ATCA (Airline Training Center Arizona) hat ihren Sitz am Phoenix Goodyear Airport. Außer der Flugschule gibt es hier noch ein kleines General Aviation Terminal und nebenbei noch einen riesigen Wartungs-  und Verwertungsbetrieb, weshalb hier jede Menge alter Flugzeuge rumstehen, entweder geparkt, oder zur Verwertung. Die nächste Möglichkeit, sich etwas zu essen zu kaufen ist aber mindestens eine Meile entfernt und bei tagsüber 35°C, oder knapp unter 100° Fahrenheit, ist das zu Fuß sicherlich kein Spaß. ÖPNV? Fehlanzeige!
Wir haben uns aus diesem Grund im Kurs in Gruppen zusammengetan und Autos gekauft. Nichts besonderes, aber eben genug, damit alle reinpassen und man auch mal längere Strecken damit fahren kann. So sind wir mobil und können uns das Umland ansehen.

Aber zurück zum Interessanten: Als wir all diese Dinge erledigt hatten, konnte es endlich mit dem Flugtraining losgehen. Wir hatten schon aus Bremen Material zur Vorbereitung bekommen und uns damit beschäftigt, aber Theorie und Praxis liegen oft weit auseinander, in diesem Fall seeeehr weit.
Die Ausbildung hier folgt einem in feinster Kleinarbeit "überentwickelten" Syllabus, wo genau festgelegt ist, was der Schüler in welcher sog. "Mission" (Flugstunde) lernt. Über die vier Monate gibt es insgesamt um die 87 Stück, die zum Großteil im Flugzeug, aber auch zu einem Teil im Simulator stattfinden. Und damit startete auch unser Training: Zweimal 90 Minuten Simulator, um ein bisschen den Umgang mit dem Flugzeug zu üben, sich mit den Prozeduren vertraut zu machen und die Gegend um den Flughafen von oben kennenzulernen. Dabei besteht der Simulator aus einem (fast) 1:1 Cockpit der Beech Bonanza und ca. 200° Rundumsicht, sodass man wirklich das Gefühl hat, in einem Flugzeug zu sitzen.

Ab der dritten Mission ging es dann wirklich in die Luft. Die Bonanza ist ein tolles Flugzeug und die Gegend um Phoenix ist echt interessant. Viele Berge, kleine Kämme und natürlich Wüste. Es ist auch gar nicht leicht, sich hier zu orientieren, da vieles auf den ersten Blick gleich aussieht, aber da kommt man nach einer gewissen Zeit sicherlich rein.

Für mich persönlich ist das Fliegen hier eine riesige Umstellung, denn mit Privatfliegerei hat das Fliegen hier nichts zu tun. Während beim Wochenendausflug die Aussicht und der Spaß am Fliegen selbst im Vordergrund steht, lernen wir hier auf einem kleinen Flugzeug die kommerzielle Fliegerei, sprich, wir fliegen ein Flugzeug mit vier Sitzen so, wie man später einmal einen Airbus fliegt. Nicht aus technischer Sicht (dööt ;-)), sondern aus prozeduraler Sicht. Die Herausforderung ist nicht, das Flugzeug nicht abstürzten zu lassen, sondern zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, die richtige Höhe, die richtige Leistungseinstellung, die richtige Geschwindigkeit und den richtigen Funkspruch zu haben. Wenn wir hier fertig sind, werden wir das - mehr oder weniger - können, aber bis dahin ist es noch ein weiter weg. In etwa zehn Missions ist unser erster Soloflug geplant, so etwa zwei bis drei Wochen sind das noch. Mal sehen, was das gibt! Impressionen von den ersten Flügen folgen in Kürze.

Roadtrip auf Amerikanisch: Meiner war der Weiße :-P

Mein Zimmer - Im Gebäude im Hintergrund

Blick auf Sedona (rechts auf dem Plateau ist der Flughafen)

Montag, 22. September 2014

Absolute Ceiling – reloaded

Zugegeben, zwei Monate seit dem letzten Blogpost sind schon eine lange Zeit. Sicherlich  hat sich der eine oder andere schon gefragt, ob es das jetzt war mit dem Vergnügen Blog. Wenn ja, war es ja ein kurzes. Aber so ist es nicht. Der Grund für die Funkstille ist schlichtweg ein Mangel an Zeit und einem freien Kopf.
In den letzten zwei Monaten ist viel passiert und ich will mal versuchen, die wichtigsten Ereignisse zu schildern und aufzuführen:
Ende Juli haben wir unsere erste offiziell amtliche Prüfung dieser Ausbildung abgelegt, nämlich das sogenannte BZF. Damit ist ein „beschränkt gültiges Flugfunkzeugnis“ gemeint, also eine Berechtigung weltweit auf Englisch bei Flügen nach Sichtflugregeln zu funken. Um das genau zu erklären, muss man wahrscheinlich ein bisschen ausholen: Im Jahr 1944 wurde in Chicago bei einer mehrwöchigen Konferenz mehrerer Staaten die sogenannte „International Civil Aviation Organisation“ kurz ICAO gegründet. Diese existiert noch heute und ist ein Teil der UN. Die ICAO hat zum Ziel, den weltweiten (zivilen) Luftverkehr so weit wie möglich zu standardisieren und entsprechend gibt es mittlerweile zig tausende Seiten an Regelwerken, die alle möglichen Bereiche, von Zulassungsvorschriften für Flugzeuge, über Aufbau und Layout von Flughäfen, bis hin zur Lizensierung von Luftfahrtpersonal umfassen. Und das ist schließlich der Punkt, der für uns relevant ist. Unsere Fluglizenz und eben auch das Sprechfunkzeugnis sind nach den Richtlinien der ICAO ausgestellt und so in jedem Land, das Mitglied der ICAO ist gültig. Da das fast alle Staaten der Welt sind, viele Möglichkeiten für uns.
Anfang August folgte dann die nächste Prüfung, nämlich unser „Language Proficiency Exam“. Diese Prüfung ist relativ neu, erst ein paar Jahre alt, aber Pflicht für jeden kommerziellen Piloten weltweit. Der Hintergrund ist folgender: In der Vergangenheit hat es immer wieder sicherheitsrelevante Verständigungsschwierigkeiten zwischen Flugzeugen und der Flugsicherung gegeben. Das kann man sehr beeindruckend sehen, wenn man bei Youtube mal die Suchbegriffe „Air China JFK ATC“ eingibt. In Zeiten, wo Fluggesellschaften weltweit tätig sind ist es extrem wichtig, dass man sich ohne Missverständnisse mit der Flugsicherung und anderen Flugzeugen unterhalten kann. Aus diesem Grund muss eben jeder Pilot eine Englischprüfung ablegen, um zu beweisen, dass er sich im internationalen Flugverkehr verständigen kann. Daher durften wir unsere Englischfähigkeiten unter Beweis stellen. 
Nachdem auch diese Prüfung geschafft war, ging es in den letzten Teil dieser ersten Theoriephase: Die Vorbereitung auf die ersten internen Prüfungen. Während der Gesetzgeber lediglich eine amtliche Theorieprüfung vorschreibt, die auch wir nächstes Jahr beim Luftfahrtbundesamt in Braunschweig ablegen werden, gibt es bei Lufthansa noch zwei weitere Prüfungsblöcke, die jeweils nach den beiden Theoriephasen abgeprüft werden. 
Zugegeben, oftmals sagt man sich nach den Prüfungen, dass es ein bisschen weniger Lernaufwand auch getan hätte, aber in diesem Fall würde ich das nicht behaupten. Es hat sich gezeigt, dass es mehr als sinnvoll ist, von Anfang an am Ball zu bleiben und den Stoff laufend zu wiederholen. Denn wie am Anfang der Ausbildung schon vermutet, es ist nicht die Tiefe des Stoffs, sondern die schiere Masse, die einen an seine lerntechnischen Grenzen führt.
Die Wochen vor den Prüfungen waren sehr anstrengend. Morgens von 8:20 bis 14:15 Unterricht und direkt im Anschluss sowohl den neuen, als auch den ganzen alten Stoff aufarbeiten – da blieb auch nur für das Nötigste Zeit übrig. In einen guten Lernrythmus zu kommen ist gar nicht so einfach, vor allem, wenn man seit so langer Zeit schon aus dem Lernen raus ist. Da ist ein gutes Zeitmanagement gefragt. Die größte Umstellung im Gegensatz zum früheren Arbeitsleben ist, dass es mit dem Feierabend, oder eben Schulschluss nicht vorbei ist, sondern man im Prinzip pausenlos lernen könnte. Für uns bestand dieser erste Block aus 14 einzelnen Prüfungen:

Tag 1:
  • ·      VFR Flugplanung
  • ·      Aerodynamik, Motorenkunde, Flugzeugsysteme
  • ·      Luftrecht, Operationelle Verfahren

Tag 2:
  • ·      Navigation
  • ·      Leistungskunde, Beladungs- und Schwerpunktberechnung
  • ·      Elektrotechnik, Instrumentierung

Tag 3:
  • ·      Radionavigation
  • ·      Menschliches Leistungsvermögen
  • ·      Meteorologie

Die Prüfungen selbst dauerten zwischen 30 und 120 Minuten, wobei manche Fächer - wie oben aufgeführt - zusammen geschrieben wurden. Bis auf VFR Flugplanung sind alle Prüfungen Computertests, wo man hauptsächlich Multiple Choice Fragen beantwortet. Diese Fragen sind zum Teil schon bekannt, zum anderen Teil aber auch neu, was einen davon abhalten soll, alle Fragen einfach nur auswendig zu lernen. Und es funktioniert...
Drei Prüfungstage sind schon verdammt anstrengend und wenn man die letzte Prüfung hinter sich hat, ist man mehr als erleichtert. Viel mehr wäre auch nicht gegangen.

Nun ist es schon über eine Woche her, dass wir die Prüfungen hinter uns gebracht haben, alle aus unserem Kurs haben alle Prüfungen auf Anhieb bestanden und als wir uns am Abend des letzten Prüfungstags in den Armen lagen kam endlich die Vorfreude auf das, was jetzt kommt:
Morgen früh machen wir uns auf die lange Reise nach Phoenix, um dort die nächsten 4 Monate auf 40 Jahre alten, wunderschönen Maschinen über die Wüste Arizonas zu fliegen. Zwar wissen wir nur aus Erzählungen was uns erwartet, aber die haben es in sich. Wenn man dem Großteil unserer Vorgänger dort glaubt, wird das jetzt eine der spannendsten Zeiten unseres Lebens werden. Auch wenn ich möglicherweise nicht die Zeit finde, wöchentlich viel Text zu schreiben, möchte ich die Plattform doch nutzen, um auch mal ein paar bildliche Eindrücke als Bild oder Video zu teilen.
Ich bin sehr gespannt auf das, was jetzt kommt. 

Bis bald aus Phoenix :-)

Die LS8 der SFG Bremen: Fliegt sich traumhaft :-)
Ein kleiner Eindruck aus dem Segelflugzeug am 13.09.2014 
Das Wattenmeer bei Cuxhaven Mitte August

Montag, 14. Juli 2014

Warum ich Fan der Fanhansa bin

Meine Schreibaktivität war in den letzten Wochen auch ein bisschen eingeschränkt, das bitte ich zu entschuldigen. Unterricht, Fußball und schönes Wetter haben mich ein bisschen umpriorisieren lassen, aber ich hoffe, dass ich das wieder aufgeholt bekomme. 
Nichtsdestotrotz: Deutschland ist Weltmeister und die Fußball-WM ist zu Ende. Es waren spannende Wochen und als wir uns gestern alle gemeinsam beim Public Viewing im Schlachthof in Bremen bei strömendem Regen in den Armen lagen, da war einer dieser Momente, an die man sich wahrscheinlich ein Leben lang zurück erinnern wird. 

Für uns Flugschüler hat die WM mehr mit dem Job zu tun, als man auf den ersten Blick glauben mag. Lufthansa ist der offizielle Carrier der Deutschen Fußballnationalmannschaft und, wenngleich auch nicht offizieller Carrier der WM (das ist seit Jahren Emirates), doch die Airline der Herzen, mit einzigartigen Aktionen, an die sich Otto Normalflieger viel eher zurück erinnert, als an ein künstlerisch marginal gelungenes WM-Logo, das irgendwo auf den Rumpf eines Flugzeugs lackiert ist. Zum ersten Mal richtig aufgefallen ist mir eine solche Marketingaktion 2006 zur WM in Deutschland. Auch damals schon war Emirates offizieller WM-Carrier, hatte Unsummen an die FIFA gezahlt um sich "Official Carrier FIFA Worldcup 2006 Germany" auf die Flugzeuge malen zu dürfen. Lufthansa hatte sich bewusst gegen die Bewerbung für den offiziellen Carrier entschieden, da die Kosten hierfür gegenüber Aktionären und vor allem Mitarbeitern nicht zu rechtfertigen gewesen wären. Trotzdem erinnert sich fast jeder, der in der Zeit der WM 2006 einmal an einem Flughafen war an das, was Lufthansa dann tat: Da keine Logos oder Schriftzüge abgebildet werden durften, verpasste Lufthansa ihren Flugzeugen einfach die berühmte Fußballnase. Die Idee war so einfach wie genial: Da die Flugzeuge an allen größeren Deutschen Flughäfen zu finden waren, dachte jeder, dass Lufthansa die offizielle Fluggesellschaft der FIFA-WM im eigenen Land sei. Im Herzen war das ja auch so!
Eine Boeing 747-400 der Lufthansa mit Fußballnase
In diesem Jahr verhielt es sich ähnlich wie 2006: Offizieller WM-Carrier war - selbstverständlich wieder - Emirates, zum 3. Mal in Folge bei einer FIFA-WM. Aber auch in diesem Jahr hatte Lufthansa sich wieder eine besondere Aktion ausgedacht: Nachdem Logos und alles, was in irgendeiner Weise offiziellen Charakter haben könnte tabu war, benannte man kurzer Hand die Fluggesellschaft um und so flogen in den letzten Wochen einige Flugzeuge der "Fanhansa", vornehmlich auf den Routen von und nach Brasilien. 
Die Boeing 747-8i D-ABYO der Fanhansa :-)
Solche sportlichen Großereignisse sind natürlich immer eine Gelegenheit mal ein bisschen auf sich aufmerksam zu machen. Wie man so etwas macht, das kann man an unzähligen Universitäten und Hochschulen studieren, kann Millionen von Büchern darüber kaufen. Das ist dann aber nur die Theorie. Ich persönlich finde, dass sich gerade diese Aktionen vom Mainstream abgehoben haben und das ist auch einer der Reize, den die Firma Lufthansa für mich hat: Sich nicht mit dem zufrieden zu geben, was alle anderen auch tun, sondern sich vom Wettbewerb abzuheben und Innovationsführer zu sein. Genau das hat Carsten Spohr letzte Woche bei der Vorstellung der Strategie auch noch einmal bekräftigt. Auch wenn sich jeder denken kann, dass das nicht immer einfach so funktioniert, ist der Anspruch daran schon einmal richtig.

Es ist aber nicht damit getan, dass sich kluge Köpfe von namhaften Unternehmensberatungen - die ähnlich klingen wie der höchste Berg der USA - mit dem Vorstand tolle Modelle entwickeln. Es ist noch viel wichtiger, dass die Belegschaft dabei mitspielt. Schließlich hängt das Kerngeschäft  davon ab, dass der Kunde das bekommt, was er bezahlt hat und wieder kommt und das haben zu einem großen Teil die Mitarbeiter in der Hand, mit denen der Kunde in Kontakt kommt. 

Solange aber ein Kapitän an Bord eines Fluges von Rom nach Frankfurt an einem Samstag als eingefleischter Eintracht Frankfurt Fan gut gelaunt die Bundesliga Ergebnisse im Reiseflug durch die Bordansage gibt, solange die Chefflugbegleiterin nach der Landung von einem Flug von Frankfurt nach Stockholm ein "Happy Birthday" für eine andere junge Flugbegleiterin anstimmt und das ganze Flugzeug mitsingt; solange kann ich felsenfest behaupten, dass ich stolz bin, irgendwann selbst meine Passagiere auf die Polarlichter am Himmel hinzuweisen.

Freitag, 20. Juni 2014

Im Feuer des technischen Fortschritts

Morgen ist der längste Tag des Jahres und auch vor Bremen macht die derzeit größte Sportveranstaltung der Welt keinen Halt. An den Autos hängen wieder die Deutschlandflaggen und die Public Viewings sind voll von Fußballfans. Genug Grund also, die Bücher einmal zuzuklappen und in netter Gesellschaft das eine oder andere Spiel zu sehen.

Trotzdem gibt es in der Ausbildung auch jede Menge neuen Stoff und je weiter die Zeit voran schreitet, desto konkreter und praxisbezogener werden die Inhalte. Besonders interessant ist das Fach Radio Navigation. Hier geht es nämlich darum, wie man sich in der Luft orientiert. Klingt einfach und banal, ist es aber nicht wirklich. Sich in den Lufträumen über Deutschland und dem Rest der Welt zurecht zu finden ist eine große Herausforderung und trotz modernster Technik in den heutigen Flugzeugen ist Navigation noch immer einer der wichtigsten Bestandteile der Pilotenausbildung.

Wenn man früher mit dem Auto von A nach B fuhr, dann guckte man vorher in die Straßenkarte, fuhr los und orientierte sich an den Straßenschildern. Hatte man sich verfahren, fuhr man rechts ran, guckte noch einmal in die Karte, oder fragte jemanden nach dem Weg. Irgendwann kam man schon an und alle waren glücklich, besonders wenn es zwischendrin auf der Raststätte noch ein Schnitzel und ein Bier gab. Mittlerweile hat im Regelfall beinahe jedes Auto ein Navigationssystem an Bord, ob jetzt mobil oder fest eingebaut und all die, die keins haben fahren meiner Meinung nach nur noch aus Überzeugung ohne. Es erleichtert ja schon so einiges...

Sich mit dem Flugzeug zu orientieren war nie so besonders einfach. Hier gab es zwar auch Karten, dafür aber keine Wegweiser und rechts ranfahren war auch früher kein Bestandteil der Pilotenausbildung. Aus diesem Grund war man hier schon früh auf technische Hilfsmittel angewiesen. So ungefähr 70 Jahre bevor die ersten Navigationssysteme in Autos auftauchten gab es so etwas schon in Flugzeugen. Keine schönen Bildschirme mit kleinen Symbolen drauf und einer metergenauen Bestimmung des Standorts, aber damals war es durchaus schon möglich damit von A nach B zu finden.

Die ersten Flieger Anfang des 20. Jahrhunderts navigierten noch eher bescheiden: Sie orientierten sich schlichtweg am Boden. Entlang von Flüssen oder Straßen fanden sie ihren Weg, wenngleich sicherlich nicht auf der schnellsten und kürzesten Route. Aber darum ging es auch nicht, sondern man war froh, wenn der Pilot heil am Ziel ankam. Den ersten Schub bekam die Fliegerei und damit auch die Navigation dann vor und in den Zeiten des ersten Weltkriegs. Mittlerweile war die kommerzielle und militärische Luftfahrt geboren und man kam darauf, dass Zeit Geld bedeutete, oder eben über Leben und Tod entschied. Also musste etwas her, was Flugzeiten zwischen Orten kürzer werden ließ und baute man auf einigen viel beflogenen Strecken in regelmäßigen Abständen Türme, die man aus der Luft sehen konnte. Diese Orientierungspunkte konnte man aber nur bei Tag benutzen. Da es bereits Postflüge zwischen größeren Städten gab musste etwas gefunden werden, was auch eine Orientierung bei Nacht ermöglichte: Die ersten Wegefeuer wurden errichtet und so brannten z.B. nachts zwischen Berlin und Danzig in regelmäßigen Abständen Feuer, an denen sich die Piloten orientieren konnten. Damit war aber nur das Fliegen bei guter Sicht möglich. Doch dann kam die Funknavigation, die heute noch in der Fliegerei ganz aktuell ist.

Funktechnik war bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt und fand um die 1930er Jahre auch Einzug in die Luftfahrt. Abgeleitet von den Wegefeuern, wurde nun mit sogenannten Funkfeuern navigiert. Das waren und sind auch heute noch Sender, die an genauen Positionen stehen und der Pilot über spezielle Instrumente im Cockpit angezeigt bekommt, in welche Richtung diese Station ungefähr liegt. Diese sogenannten ungerichteten Funkfeuer, oder NDBs (Non-Directional Beacons) haben die Funknavigation über Jahrzehnte geprägt und wurden stetig weiterentwickelt. Heute gibt es sogenannte Drehfunkfeuer oder VORs, die neben der Richtung auch den Steuerkurs, die Entfernung und zum Teil sogar Wetterinformationen übertragen. Davon stehen in Deutschland heute 61 Stück und sie sind essentieller Bestandteil der kommerziellen und privaten Luftfahrt. So führen Flugrouten heute noch häufig von Funkfeuer zu Funkfeuer. Bis die 1980er Jahre hinein war diese Art der Navigation absoluter Standard in der kommerziellen Luftfahrt.
Ein sog. ADF-RMI: Durch Kreuzpeilung (jeder Pfeil zeigt auf eine andere Station)
 kann man seine Position feststellen. Ob in der Mitte steht der aktuell geflogene Kurs.
Aber der Fortschritt macht keine Pause und so hat GPS auch in Flugzeugcockpits Einzug gehalten.  Hier sind in den Karten, die das GPS zugrunde legt Wegpunkte abgespeichert - und zwar Weltweit. Diese existieren nur virtuell und bestehen immer aus fünf Buchstaben, z.B. RILAX. Diese Wegpunkte haben den großen Vorteil, dass man direkter und flexibler fliegen kann und so Zeit und Geld spart. Jedes moderne Passagierflugzeug ist heute mit Satellitennavigationssystemen ausgestattet. Das hat den einfachen Grund, dass diese Art der Navigation um einiges genauer ist, als Funknavigation: Während man mit Funkpeilung die Position auf ein paar Meilen genau feststellen kann, geht das mit GPS auf weniger Meter genau - es stellt sich also nicht die Frage, welche Technologie in Zukunft die führende sein wird.
Anflugroute auf den Flughafen Zürich. Von diesen Wegpunkten gibt es tausende weltweit.
Der internationale Großflughafen Bremen hat tatsächlich eine Besonderheit installiert: Er ist einer der ersten, die ein neuartiges Instrumentenanflugsystem in Betrieb haben. Das sogenannte Ground Based Augmentation System (GBAS) bietet die Möglichkeit, bei schlechtester Sicht auf einen Meter genau die Landebahn zu treffen. Bei der Geschwindigkeit wie der Fortschritt voranschreitet, wird man bei meinem Rentenantritt wahrscheinlich in der Lage sein, ein Flugzeug automatisch auf einer Briefmarke aufsetzen zu lassen. Zwar faszinierend, aber wo bleibt da der Spaß?

Dienstag, 10. Juni 2014

Auf weißen Schwingen

Vergangenes Wochenende habe ich nach langer - sehr langer - Zeit wieder einmal das gemacht, was ich lange als mein Hobby bezeichnet habe. Nach fast acht Jahren habe ich mal wieder vorne in einem Segelflugzeug Platz genommen und es genossen wie beim ersten Flug.

Aber von Anfang an: Die Europäische Union hält ja in allen Bereichen des täglichen Lebens immer mehr Einzug. Ob Gurken- oder Bananennorm, PKW-Maut, oder dem berühmten Rettungsschirm, die EU scheint in immer mehr Belangen eine Rolle zu spielen. So auch im Luftsport. Als ich im Jahr 2005 voller Freuden meine "Glieder Pilot License" (GPL) in Händen hielt, war dieser nach den relativ neuen Richtlinien der Joint Aviation Authorities (JAA), genauer den Joint Aviation Requirements (JAR), Teil Flight Crew Licensing (FCL) Part 1 ausgestellt worden. Das hatte gegenüber den alten Lizenzen den großen Vorteil, dass der Schein unbefristet gültig ist, solange man ein gültiges Tauglichkeitszeugnis in Händen hält und innerhalb der letzten 24 Monate 25 Starts in einem Segelflugzeug gemacht hat. Mindestens eine dieser Voraussetzungen kann ich seit 2008 nicht mehr erfüllen.

Grundsätzlich ist es kein Problem, die Lizenz wieder zu reaktivieren. Dank meiner Ausbildung bekomme ich das Tauglichkeitszeugnis jährlich erneuert, also eine Sorge weniger. Bleiben nur noch die 25 Starts innerhalb von zwei Jahren. Bisher dachte ich entspannt an "kommt Zeit, kommt Rat", später im Job, wenn der Ausbildungsstress vorbei ist, kann ich ja immer noch wieder damit anfangen und den Schein reaktivieren. So dachte ich zumindest bis vor einigen Wochen, als ich von den Plänen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) erfuhr: Mittlerweile gibt es die JAA nämlich nicht mehr und wie das so oft ist: Wo neue Macher ans Werk kommen, da muss auch Veränderung her - wie in großen Unternehmen auch. Und aus diesem Grund verlieren alle bisherigen Segelfluglizenzen am 8. April 2015 ihre Gültigkeit, solange sie nicht vorher auf die neue EASA-Lizenz "Sailplane Pilot License" (SPL) umgeschrieben wurden. Um jedoch den alten auf den neuen Schein umschreiben zu können, muss der alte aktiv sein. Was also tun?

Von einem Meteorologielehrer bei uns an der Schule weiß ich, dass er Fluglehrer bei der Segelfluggruppe Bremen auf dem Flugplatz Tarmstedt nordöstlich von Bremen ist. Da er derzeit im Urlaub ist nahm ich Kontakt zu einigen Schülern aus aus einem anderen Lehrgang hier an der Schule auf, die auch dort fliegen. Die Möglichkeit bot sich an, die für die Lizenzumschreibung erforderlichen 25 Starts - und noch mehr! - zu sammeln und wieder eine Saison am Flugbetrieb teilzunehmen. So fuhr ich dann am letzten Samstagmorgen um 8:00 Uhr in Richtung Tarmstedt los. Als ich mich dort mit einem erfahrenen Vereinsmitglied unterhielt und er zu mir meinte, dass Segelfliegen wie Fahrradfahren sei - "das verlernt man nicht" - wollte ich das nicht so recht glauben, aber als ich dann gegen 17:00 selbst wieder im Cockpit der ASK 21 saß und das Seil der Winde sich vor mir straffte, dann war das Gefühl wieder wie damals und alles kam mir sehr vertraut vor. Und das ließ auch während des Fluges nicht nach. Einfach toll!

Segelfliegen ist ein Mannschaftssport. Man ist im Verein immer auf die Hilfe der Kameraden angewiesen, um das Flugzeug für den Start fertig zu machen, oder es nach der Landung zum Start zurückzubringen. Alles in allem viele Abläufe und man muss sich immer voll und ganz auf die anderen verlassen können, damit alles reibungslos läuft. Ich selbst bin am vergangenen Wochenende vier Mal in der Luft gewesen und muss schon sagen, dass ich wieder mit dem Segelflugvirus infiziert bin. Ganz ohne die Kraft eines Motors in der Luft zu bleiben, sich die Naturgewalten zu Nutze zu machen, das ist ein unheimlich gutes Kontrastprogramm zu meiner hoch technisierten Ausbildung. Ich kann es nur jedem Interessenten empfehlen!
Die ASK 21 D-4513 am 07.06.2014 kurz vor der Landung auf Piste 06 in Tarmstedt


Mittwoch, 4. Juni 2014

Der Pate

Ich kann mich wage daran erinnern, dass im Geschichtsunterricht der 7. oder 8. Klasse das Thema Mittelalter besprochen wurde. Das Geschichtsbuch war voll von bunten Bildchen mit Handwerkern und Bauern, die am Straßenrand standen und auf einem Amboss rumhämmerten, oder Strohballen auf dem Rücken hatten. Auffällig dabei war, dass immer ein Älterer und ein Jüngerer zusammen waren - ja, ich weiß, im Mittelalter spielte Gender Balance noch keine so tragende Rolle wie heute. Trotzdem zeigten diese Bilder im Kleinen, wie unsere Welt eigentlich schon immer funktioniert: Die Jüngeren lernen von der Älteren, oder eben die Unerfahrenen von den Erfahrenen. So hat es in der Fliegerei zu Pionierzeiten auch einmal angefangen.

In der Vereinsfliegerei ist das durchaus so auch heute noch der Fall, aber in der kommerziellen Fliegerwelt lässt sich so etwas schwer wirtschaftlich betreiben. Darum gibt es ja hoch effiziente Flugschulen und bis ins Detail ausgearbeitete Ausbildungskonzepte, wo sich jeder Beamte und Hobbysoziologe die Finger leckt. Aber jeder, der eine dieser standardisierten Ausbildungen durchläuft ist ja immer noch ein Mensch und es liegt nunmal in dessen Natur, durch Nachahmung zu lernen. Vor einiger Zeit hatte ich schon einmal etwas über die Rolle und Bedeutung von Vorbildern hier in Bremen und im späteren Berufsleben geschrieben - und daran knüpft das heutige Thema an. Man hat hier nämlich etwas aufgegriffen, was sich in vielen anderen Berufszweigen auch bewährt, eben weil es eigentlich so banal ist und die Integration in ein Unternehmen erheblich erleichtert: Ein Patenkonzept. 

Gestern hatten der 411. und 412. NFF eine ganztägige Informationsveranstaltung namens "Destination Lufthansa Group". Zum Einen sollten wir hier einen Einblick in unser späteres Berufsleben bekommen: Arbeitszeiten, Einstiegsmöglichkeiten, Flugzeugmuster und Entwicklungsmöglichkeiten. Sehr interessant und wenn man sich im Europäischen oder sogar weltweiten Vergleich betrachtet, gibt es kaum Fluggesellschaften, die ihren Piloten eine solche Bandbreite an verschiedensten Möglichkeiten bieten. Ich weiß, dass es da immer zwei Seiten der Medaille gibt, aber mich hat schon beeindruckt, das sachlich so aus erster Hand zu hören. 

Auf der anderen Seite war ein Referent eingeladen, der viele Jahrzehnte bei Lufthansa gearbeitet hatte. Mittlerweile längst pensioniert ist er aber immer noch voll und ganz auf dem Laufenden was die Situation des Unternehmens angeht. Was wir zu hören bekamen war einer der in meinen Augen spannendsten Vorträge, die ich seit Langem gehört habe. Es war letztendlich die Geschichte seines Berufslebens bei Lufthansa, das er Anfang der 1970er Jahre in der Hauptverwaltung in Köln begonnen hatte und 2001 als obere Führungskraft des Unternehmens beendete. Seine persönliche Sicht der unzähligen Krisen und Höhenflüge der Firma waren sehr beeindruckend und sicherlich werden wir uns lange daran zurück erinnern.

Last but not least lernten beide Kurse ihre Kurspaten kennen. Das sind Menschen, die im Regelfall schon einmal in genau der gleichen Situation waren wie wir: Ihre Pilotenausbildung in Bremen  begonnen haben, eine unvergessliche Zeit in Phoenix hatten und dann, nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung, auf die Linie gegangen sind. Und da sind wir wieder am Anfang: Vorbilder! Ich kann behaupten, dass wir es nicht besser hätten treffen können. Unsere Paten haben all das, wovon wir beruflich träumen (wie jeder Pilot, der 4. Streifen! ;-)) schon erreicht und sind spätestens ab jetzt alles andere als unnahbar für uns. Es ist explizit so gedacht, dass wir uns an den Paten wenden können, wenn wir Fragen, Zweifel, oder Anregungen zur Ausbildung und dem Fliegerleben haben. Das konnten wir dann am gestrigen Abend gleich ausprobieren, als wir alle gemeinsam den Abend noch bei Spargel und Haake Beck ausklingen ließen. Auch, wenn ich es schon so oft geschrieben habe, werde ich nicht müde: So habe ich mir das vorgestellt!
Der Arbeitsplatz unseres Kurspaten. Links, versteht sich ;-)

Montag, 26. Mai 2014

Über die Kunst, den Himmel zu lesen

Vor ein paar Tagen habe ich wieder diesen berühmten Satz gelesen: "Pilot ist einer der wenigen Jobs, wo man für etwas ausgebildet wird, was man hoffentlich nie machen muss." Da ist viel Wahres dran, aber ein bisschen zu allgemein gesprochen ist das auch. Natürlich lernt man viel über die Funktionsweise von Instrumenten, wie man sich in dem Fall verhält, wenn sie kaputt gehen, lernt, wie man sich mithilfe der Sterne orientieren wenn die Navigationsgeräte ausfallen und was man in das Mikrofon sagen muss, wenn es mal wirklich ernst wird. Je länger ich hier bin, desto entschlossener kann ich aber sagen: Das ist so nicht richtig! Denn dazu, ein Flugzeug von A nach B zu fliegen, gehört noch sehr viel mehr.

Über die verschiedenen Fächer hier an der Schule habe ich schon das eine oder andere Mal geschrieben und könnte sicherlich zu allen Fächern schon eine ganze Menge erzählen, aber heute möchte ich mich auf ein ganz bestimmtes Themengebiet konzentrieren:

Im späteren Berufsalltag wird die hoch entwickelte Technik einen Großteil der Arbeit für die Piloten erledigen. Der Autopilot hält die Flugroute, die zuvor in das Flight Management System eingegeben wurde, das Flugzeug passt von selbst auf, dass es nicht zu langsam wird, oder in irgendwelche Grenzzustände gerät. Im Zweifelsfall kann das Flugzeug sogar selbst landen - dann aber auf Kosten des Spaßes am selbst Fliegen. Eins kann die ganze Technik aber noch nicht so gut, dass man dafür keinen Piloten mehr bräuchte: Das Wetter einschätzen. Als Laie würde man sich wundern, wieviel ein Pilot tatsächlich im Flug noch mit dem Wetter zu tun hat. Da geht es um Druckhöhen, Cb-Bildung, MUFL, METAR, TAF und noch unzählige andere Dinge, die es zu beachten gilt. Wer also dachte, dass ein Pilot ins Flugzeug steigt, den Autopiloten programmiert, startet und dann nur noch die Instrumente überwacht - weit gefehlt!

Zum ersten Mal kommt ein Pilot beim Briefing (Vorbesprechung) mit der Crew mit dem Wetter in Berührung. Er erhält vom Dispatch - einer Abteilung, die sich um die eigentlich Planung der Flüge kümmert, eine passende Flugroute ausgewählt hat - ein so genanntes Briefingpaket, in dem alle relevanten Informationen für den Flugverlauf enthalten sind. Darunter auch spezielle Wetterkarten, die das Wetter auf der Flugroute und im Umkreis zeigen. Diese sehen ganz anders aus, als das, was man von wetter.com oder aus der Zeitung kennt. Daraus kann der Pilot Winde und gefährliche Wetterereignisse wie Gewitter auf seiner Route erkennen und daraus ableiten, ob er seine ggf. im Flug wird ändern müssen.
Eine significant weather chart, wie sie hauptsächlich in der kommerziellen Fliegerei verwendet wird
Vor und während des Fluges wird dann jeweils das Wetter für Start- und Zielflughafen mittels eines so genannten METARs abgerufen: 

METAR: EDDW 261520Z 05014KT 020V080 9999 FEW032 BKN270 23/14 Q1014 NOSIG

Diese Reports werden für alle großen Flughäfen weltweit in diesem Format herausgegeben und können über ein Datenübertragungssystem im Cockpit direkt ausgedruckt werden. Daraus kann man eine ganze Fülle an Informationen ableiten und muss diese auch in kurzer Zeit interpretieren können:

EDDW: ICAO-Code für Bremen
261520Z: Zeitpunkt 26.05.2014 15:20 UTC
05014KT: Wind aus 50° mit 14 Knoten
020V080: Wind variabel mit Richtung zwischen 20° und 80°
9999: Sicht 9999m und mehr, also über 10 km
FEW032: Wenig Wolken 1-2/8 in 3.200 Fuß
BKN270: Heiter bis wolkig in 27.000 Fuß
23/14: Temperatur 23°C, Taupunkt bei 14°C
Q1014: QNH (Luftdruck in Meereshöhe) für Bremen 1014 hPa
NOSIG: No significant change - also, dass keine Änderung erwartet wird

Zusätzlich zu diesen Informationen gibt es immer noch Anweisungen und Daten von den Fluglotsen und das Wetterradar des Flugzeugs liefert Echtzeitinformationen über das Wetter vor dem Flugzeug:

Wetterradar einer Boeing 777. Quelle: Pilotswatch.nl
Wenn sich eine Wand aus gelben und roten Flächen im Flug vor dem Flugzeug auftut ist das ein Grund auch einen größeren Umweg in Kauf zu nehmen, denn dort steckt unter Umständen der größte Schrecken eines Piloten: Ein Cumulunimbus, oder Cb. Diese Wolken enthalten Aufwinde von bis 50 Metern pro Sekunde, riesige Hagelkörner und es blitzt. Im schlimmsten Fall führt das Durchfliegen einer solchen Wolke zum Absturz, selbst großer Flugzeuge. Man kennt sie in der Regel von unten als Gewitterwolke und aus der Ferne als große Wolkentürme. Auch wenn sie wirklich beeindruckend und schön sind, durchfliegen möchte man sie nicht.
Eine große Gewitterwolke über den USA. Quelle: Pilotswatch.nl
Aber genau damit das nicht passiert sitzen vorne im Flieger zwei Menschen, die gelernt haben, den Himmel zu lesen, Wolken zu deuten und auf Basis von verschiedensten Informationsquellen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Damit das Flugzeug auch in Zukunft das sicherste Verkehrsmittel bleibt.