Montag, 26. Mai 2014

Über die Kunst, den Himmel zu lesen

Vor ein paar Tagen habe ich wieder diesen berühmten Satz gelesen: "Pilot ist einer der wenigen Jobs, wo man für etwas ausgebildet wird, was man hoffentlich nie machen muss." Da ist viel Wahres dran, aber ein bisschen zu allgemein gesprochen ist das auch. Natürlich lernt man viel über die Funktionsweise von Instrumenten, wie man sich in dem Fall verhält, wenn sie kaputt gehen, lernt, wie man sich mithilfe der Sterne orientieren wenn die Navigationsgeräte ausfallen und was man in das Mikrofon sagen muss, wenn es mal wirklich ernst wird. Je länger ich hier bin, desto entschlossener kann ich aber sagen: Das ist so nicht richtig! Denn dazu, ein Flugzeug von A nach B zu fliegen, gehört noch sehr viel mehr.

Über die verschiedenen Fächer hier an der Schule habe ich schon das eine oder andere Mal geschrieben und könnte sicherlich zu allen Fächern schon eine ganze Menge erzählen, aber heute möchte ich mich auf ein ganz bestimmtes Themengebiet konzentrieren:

Im späteren Berufsalltag wird die hoch entwickelte Technik einen Großteil der Arbeit für die Piloten erledigen. Der Autopilot hält die Flugroute, die zuvor in das Flight Management System eingegeben wurde, das Flugzeug passt von selbst auf, dass es nicht zu langsam wird, oder in irgendwelche Grenzzustände gerät. Im Zweifelsfall kann das Flugzeug sogar selbst landen - dann aber auf Kosten des Spaßes am selbst Fliegen. Eins kann die ganze Technik aber noch nicht so gut, dass man dafür keinen Piloten mehr bräuchte: Das Wetter einschätzen. Als Laie würde man sich wundern, wieviel ein Pilot tatsächlich im Flug noch mit dem Wetter zu tun hat. Da geht es um Druckhöhen, Cb-Bildung, MUFL, METAR, TAF und noch unzählige andere Dinge, die es zu beachten gilt. Wer also dachte, dass ein Pilot ins Flugzeug steigt, den Autopiloten programmiert, startet und dann nur noch die Instrumente überwacht - weit gefehlt!

Zum ersten Mal kommt ein Pilot beim Briefing (Vorbesprechung) mit der Crew mit dem Wetter in Berührung. Er erhält vom Dispatch - einer Abteilung, die sich um die eigentlich Planung der Flüge kümmert, eine passende Flugroute ausgewählt hat - ein so genanntes Briefingpaket, in dem alle relevanten Informationen für den Flugverlauf enthalten sind. Darunter auch spezielle Wetterkarten, die das Wetter auf der Flugroute und im Umkreis zeigen. Diese sehen ganz anders aus, als das, was man von wetter.com oder aus der Zeitung kennt. Daraus kann der Pilot Winde und gefährliche Wetterereignisse wie Gewitter auf seiner Route erkennen und daraus ableiten, ob er seine ggf. im Flug wird ändern müssen.
Eine significant weather chart, wie sie hauptsächlich in der kommerziellen Fliegerei verwendet wird
Vor und während des Fluges wird dann jeweils das Wetter für Start- und Zielflughafen mittels eines so genannten METARs abgerufen: 

METAR: EDDW 261520Z 05014KT 020V080 9999 FEW032 BKN270 23/14 Q1014 NOSIG

Diese Reports werden für alle großen Flughäfen weltweit in diesem Format herausgegeben und können über ein Datenübertragungssystem im Cockpit direkt ausgedruckt werden. Daraus kann man eine ganze Fülle an Informationen ableiten und muss diese auch in kurzer Zeit interpretieren können:

EDDW: ICAO-Code für Bremen
261520Z: Zeitpunkt 26.05.2014 15:20 UTC
05014KT: Wind aus 50° mit 14 Knoten
020V080: Wind variabel mit Richtung zwischen 20° und 80°
9999: Sicht 9999m und mehr, also über 10 km
FEW032: Wenig Wolken 1-2/8 in 3.200 Fuß
BKN270: Heiter bis wolkig in 27.000 Fuß
23/14: Temperatur 23°C, Taupunkt bei 14°C
Q1014: QNH (Luftdruck in Meereshöhe) für Bremen 1014 hPa
NOSIG: No significant change - also, dass keine Änderung erwartet wird

Zusätzlich zu diesen Informationen gibt es immer noch Anweisungen und Daten von den Fluglotsen und das Wetterradar des Flugzeugs liefert Echtzeitinformationen über das Wetter vor dem Flugzeug:

Wetterradar einer Boeing 777. Quelle: Pilotswatch.nl
Wenn sich eine Wand aus gelben und roten Flächen im Flug vor dem Flugzeug auftut ist das ein Grund auch einen größeren Umweg in Kauf zu nehmen, denn dort steckt unter Umständen der größte Schrecken eines Piloten: Ein Cumulunimbus, oder Cb. Diese Wolken enthalten Aufwinde von bis 50 Metern pro Sekunde, riesige Hagelkörner und es blitzt. Im schlimmsten Fall führt das Durchfliegen einer solchen Wolke zum Absturz, selbst großer Flugzeuge. Man kennt sie in der Regel von unten als Gewitterwolke und aus der Ferne als große Wolkentürme. Auch wenn sie wirklich beeindruckend und schön sind, durchfliegen möchte man sie nicht.
Eine große Gewitterwolke über den USA. Quelle: Pilotswatch.nl
Aber genau damit das nicht passiert sitzen vorne im Flieger zwei Menschen, die gelernt haben, den Himmel zu lesen, Wolken zu deuten und auf Basis von verschiedensten Informationsquellen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Damit das Flugzeug auch in Zukunft das sicherste Verkehrsmittel bleibt.

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