Dienstag, 10. Juni 2014

Auf weißen Schwingen

Vergangenes Wochenende habe ich nach langer - sehr langer - Zeit wieder einmal das gemacht, was ich lange als mein Hobby bezeichnet habe. Nach fast acht Jahren habe ich mal wieder vorne in einem Segelflugzeug Platz genommen und es genossen wie beim ersten Flug.

Aber von Anfang an: Die Europäische Union hält ja in allen Bereichen des täglichen Lebens immer mehr Einzug. Ob Gurken- oder Bananennorm, PKW-Maut, oder dem berühmten Rettungsschirm, die EU scheint in immer mehr Belangen eine Rolle zu spielen. So auch im Luftsport. Als ich im Jahr 2005 voller Freuden meine "Glieder Pilot License" (GPL) in Händen hielt, war dieser nach den relativ neuen Richtlinien der Joint Aviation Authorities (JAA), genauer den Joint Aviation Requirements (JAR), Teil Flight Crew Licensing (FCL) Part 1 ausgestellt worden. Das hatte gegenüber den alten Lizenzen den großen Vorteil, dass der Schein unbefristet gültig ist, solange man ein gültiges Tauglichkeitszeugnis in Händen hält und innerhalb der letzten 24 Monate 25 Starts in einem Segelflugzeug gemacht hat. Mindestens eine dieser Voraussetzungen kann ich seit 2008 nicht mehr erfüllen.

Grundsätzlich ist es kein Problem, die Lizenz wieder zu reaktivieren. Dank meiner Ausbildung bekomme ich das Tauglichkeitszeugnis jährlich erneuert, also eine Sorge weniger. Bleiben nur noch die 25 Starts innerhalb von zwei Jahren. Bisher dachte ich entspannt an "kommt Zeit, kommt Rat", später im Job, wenn der Ausbildungsstress vorbei ist, kann ich ja immer noch wieder damit anfangen und den Schein reaktivieren. So dachte ich zumindest bis vor einigen Wochen, als ich von den Plänen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) erfuhr: Mittlerweile gibt es die JAA nämlich nicht mehr und wie das so oft ist: Wo neue Macher ans Werk kommen, da muss auch Veränderung her - wie in großen Unternehmen auch. Und aus diesem Grund verlieren alle bisherigen Segelfluglizenzen am 8. April 2015 ihre Gültigkeit, solange sie nicht vorher auf die neue EASA-Lizenz "Sailplane Pilot License" (SPL) umgeschrieben wurden. Um jedoch den alten auf den neuen Schein umschreiben zu können, muss der alte aktiv sein. Was also tun?

Von einem Meteorologielehrer bei uns an der Schule weiß ich, dass er Fluglehrer bei der Segelfluggruppe Bremen auf dem Flugplatz Tarmstedt nordöstlich von Bremen ist. Da er derzeit im Urlaub ist nahm ich Kontakt zu einigen Schülern aus aus einem anderen Lehrgang hier an der Schule auf, die auch dort fliegen. Die Möglichkeit bot sich an, die für die Lizenzumschreibung erforderlichen 25 Starts - und noch mehr! - zu sammeln und wieder eine Saison am Flugbetrieb teilzunehmen. So fuhr ich dann am letzten Samstagmorgen um 8:00 Uhr in Richtung Tarmstedt los. Als ich mich dort mit einem erfahrenen Vereinsmitglied unterhielt und er zu mir meinte, dass Segelfliegen wie Fahrradfahren sei - "das verlernt man nicht" - wollte ich das nicht so recht glauben, aber als ich dann gegen 17:00 selbst wieder im Cockpit der ASK 21 saß und das Seil der Winde sich vor mir straffte, dann war das Gefühl wieder wie damals und alles kam mir sehr vertraut vor. Und das ließ auch während des Fluges nicht nach. Einfach toll!

Segelfliegen ist ein Mannschaftssport. Man ist im Verein immer auf die Hilfe der Kameraden angewiesen, um das Flugzeug für den Start fertig zu machen, oder es nach der Landung zum Start zurückzubringen. Alles in allem viele Abläufe und man muss sich immer voll und ganz auf die anderen verlassen können, damit alles reibungslos läuft. Ich selbst bin am vergangenen Wochenende vier Mal in der Luft gewesen und muss schon sagen, dass ich wieder mit dem Segelflugvirus infiziert bin. Ganz ohne die Kraft eines Motors in der Luft zu bleiben, sich die Naturgewalten zu Nutze zu machen, das ist ein unheimlich gutes Kontrastprogramm zu meiner hoch technisierten Ausbildung. Ich kann es nur jedem Interessenten empfehlen!
Die ASK 21 D-4513 am 07.06.2014 kurz vor der Landung auf Piste 06 in Tarmstedt


2 Kommentare: