Es ist schon erschreckend, wie schnell die Zeit hier verfliegt. Irgendwie kommt es einem so vor, als sei man erst gestern hier angekommen, dabei sind es schon wieder drei Wochen. Unglaublich! Unglaublich ist auch, wieviel in dieser kurzen Zeit hier schon passiert ist. Ich will mal versuchen, vor drei Wochen anzufangen und ein bisschen zu schildern, wie die Eingewöhnungsphase hier so abgelaufen ist:
Am Dienstag, den 23. September, gegen 19:00 stiegen wir in Phoenix Sky Harbor, nach zehn Stunden Flug von Frankfurt nach Houston, vier Stunden Aufenthalt und weiteren zweieinhalb Stunden weiter nach Phoenix aus dem Flugzeug und wurden lieb mit Schild "411. NFF" empfangen. Weiter ging es dann mit dem Bus, ca. 35 Minuten gen Westen nach Goodyear.
In einem früheren Beitrag habe einmal etwas über Traditionen geschrieben; nun, die gibt es hier auch und anstatt nach der Ankunft geschafft ins Bett zu fallen, wurde für uns eine Willkommensparty organisiert, bei der wir selbstverständlich nicht fehlen durften. Standesgemäß mit frisch gegrillten Burgern und amerikanischem Bier.
Eine Flugausbildung ist ein sehr sicherheitskritisches Ding und das gerade in den USA. Wo das seinen Ursprung hat, wissen wir alle. Das hat zur Folge, dass obwohl der Zeitplan für unsere Ausbildung hier sehr straff ist, ein direkter Start des Trainings nicht möglich ist, sondern erst noch Unmengen an Papierkram für Behörden, Versicherungen und sonstige Datenjunkies erledigt werden musste. Erst, wenn man dann eine offizielle Genehmigung von der TSA - das sind genau die, die immer auf den Kofferschlössern draufstehen - hat, darf man an Flugzeuge ran, oder sich in ein Cockpit, oder sogar nur einen Simulator reinsetzen. Nach ca. einer Woche hatten wir alle diese Genehmigung und es konnte losgehen.
In der Zwischenzeit gab es aber noch genug andere Dinge zu erledigen. Schließlich sind wir hier ja nicht im Urlaub, sondern werden hier die nächsten Monate leben, sind also auch hier gemeldet. Was ist also das allerwichtigste, wenn man in den USA lebt? Genau, eine "Driver License". Wenn man sich mal über eine deutsche Behörde aufgeregt hat, dann wird man das nach einem Besuch des lokalen "DMV" (Department of Motor Vehicles - oder so) nicht mehr tun. Da die Driver License hier ein vollwertiges Ausweisdokument ist, ist diese Behörde so eine Art eierlegende Wollmilchsau: Zulassungsstelle, Meldebehörde usw. in Einem. Und so sieht man dort auch einen Querschnitte durch alle Klischees der Südstaatengesellschaft: Den Rocker mit dem Butterfly Messer am Gürtel, die 22-jährige Mutter mit 4 Ihrer Kinder und den 200 kg Mann, mit einer Gallone Dr. Pepper im Supersize Becher.
Nachdem wir alle unsere Führerscheine bekommen hatten, stand als nächstes das Thema fahrbarer Untersatz auf der Agenda. Und das aus gutem Grund: Die ATCA (Airline Training Center Arizona) hat ihren Sitz am Phoenix Goodyear Airport. Außer der Flugschule gibt es hier noch ein kleines General Aviation Terminal und nebenbei noch einen riesigen Wartungs- und Verwertungsbetrieb, weshalb hier jede Menge alter Flugzeuge rumstehen, entweder geparkt, oder zur Verwertung. Die nächste Möglichkeit, sich etwas zu essen zu kaufen ist aber mindestens eine Meile entfernt und bei tagsüber 35°C, oder knapp unter 100° Fahrenheit, ist das zu Fuß sicherlich kein Spaß. ÖPNV? Fehlanzeige!
Wir haben uns aus diesem Grund im Kurs in Gruppen zusammengetan und Autos gekauft. Nichts besonderes, aber eben genug, damit alle reinpassen und man auch mal längere Strecken damit fahren kann. So sind wir mobil und können uns das Umland ansehen.
Aber zurück zum Interessanten: Als wir all diese Dinge erledigt hatten, konnte es endlich mit dem Flugtraining losgehen. Wir hatten schon aus Bremen Material zur Vorbereitung bekommen und uns damit beschäftigt, aber Theorie und Praxis liegen oft weit auseinander, in diesem Fall seeeehr weit.
Die Ausbildung hier folgt einem in feinster Kleinarbeit "überentwickelten" Syllabus, wo genau festgelegt ist, was der Schüler in welcher sog. "Mission" (Flugstunde) lernt. Über die vier Monate gibt es insgesamt um die 87 Stück, die zum Großteil im Flugzeug, aber auch zu einem Teil im Simulator stattfinden. Und damit startete auch unser Training: Zweimal 90 Minuten Simulator, um ein bisschen den Umgang mit dem Flugzeug zu üben, sich mit den Prozeduren vertraut zu machen und die Gegend um den Flughafen von oben kennenzulernen. Dabei besteht der Simulator aus einem (fast) 1:1 Cockpit der Beech Bonanza und ca. 200° Rundumsicht, sodass man wirklich das Gefühl hat, in einem Flugzeug zu sitzen.
Ab der dritten Mission ging es dann wirklich in die Luft. Die Bonanza ist ein tolles Flugzeug und die Gegend um Phoenix ist echt interessant. Viele Berge, kleine Kämme und natürlich Wüste. Es ist auch gar nicht leicht, sich hier zu orientieren, da vieles auf den ersten Blick gleich aussieht, aber da kommt man nach einer gewissen Zeit sicherlich rein.
Für mich persönlich ist das Fliegen hier eine riesige Umstellung, denn mit Privatfliegerei hat das Fliegen hier nichts zu tun. Während beim Wochenendausflug die Aussicht und der Spaß am Fliegen selbst im Vordergrund steht, lernen wir hier auf einem kleinen Flugzeug die kommerzielle Fliegerei, sprich, wir fliegen ein Flugzeug mit vier Sitzen so, wie man später einmal einen Airbus fliegt. Nicht aus technischer Sicht (dööt ;-)), sondern aus prozeduraler Sicht. Die Herausforderung ist nicht, das Flugzeug nicht abstürzten zu lassen, sondern zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, die richtige Höhe, die richtige Leistungseinstellung, die richtige Geschwindigkeit und den richtigen Funkspruch zu haben. Wenn wir hier fertig sind, werden wir das - mehr oder weniger - können, aber bis dahin ist es noch ein weiter weg. In etwa zehn Missions ist unser erster Soloflug geplant, so etwa zwei bis drei Wochen sind das noch. Mal sehen, was das gibt! Impressionen von den ersten Flügen folgen in Kürze.
Roadtrip auf Amerikanisch: Meiner war der Weiße :-P |
Mein Zimmer - Im Gebäude im Hintergrund |
Blick auf Sedona (rechts auf dem Plateau ist der Flughafen) |